Zukunft Städtische Bühnen Frankfurt
Unter dem Titel „Kulturikone weiterbauen?“ gab es am Montag, den 23. November in der Evangelischen Akademie eine Gesprächsrunde: Nach einem einführenden Vortrag von Architekt Prof. Claus Anderhalten diskutierte Astrid Wuttke, Mitglied der Geschäftsleitung von schneider+schumacher, mit Jan Schneider, Baudezernent der Stadt Frankfurt, und Prof. Maren Harnack, Mitbegründerin der Initiative Zukunft Städtische Bühnen Frankfurt. Die Moderation übernahm Anna Scheuermann. Die Diskussion haben unter anderem die Frankfurter Allgemeine Zeitung und der Hessische Rundfunk zusammengefasst. Nun ist sie auch in voller Länge als Video abrufbar.
Astrid Wuttke war Teil des Validierungsteams zur Zukunft der Städtischen Bühnen, das 2019 unter der Federführung von schneider+schumacher im Auftrag der Stadt Frankfurt die Überarbeitung der Machbarkeitsstudie von 2017 begleitete und kritisch hinterfragte.
Liebe Astrid, in aller Kürze: Zu welchem Ergebnis ist das Validierungsgutachten gekommen?
Das im Rahmen der Planungsstudie erarbeitete Zahlenmaterial stellt eine fundierte Entscheidungshilfe dar, nimmt aber eine Entscheidung keinesfalls vorweg. Auch eine Sanierung ist hiernach grundsätzlich möglich. Am Ende ist es eine politische Entscheidung für oder gegen den Standort am Willy-Brandt-Platz mit einer Doppelanlage oder als getrennte Spielstätten an anderen Standorten – und wie Frankfurt dabei mit seinem baulichen, kulturellen Erbe umgehen möchte. Der Denkmalwert von Teilen des Gebäudekomplexes, insbesondere des Goldwolkenfoyers, blieb in der Untersuchung 2019 allerdings unberücksichtigt.
Was sind die Gründe dafür?
Zum Zeitpunkt der Studie lagen uns keine eindeutigen Informationen vor, ob und wenn ja welche Gebäudeteile unter Denkmalschutz stehen, da bisher noch keine Eintragung in die Denkmalliste erfolgt ist. Das Landesamt für Denkmalpflege hat dazu ein Gutachten erstellt, das erst im Frühjahr 2020 veröffentlicht wurde.
Zur Abrissentscheidung im Januar hieß es, eine Sanierung sei nicht wirtschaftlich.
Die Stadt Frankfurt gibt zur Wirtschaftlichkeitsbewertung von Gebäuden vor, dass bis zu 30% der Bewertung aus nicht monetären Aspekten abgeleitet werden können. Das ergab in unserem Fall, dass die ökonomische Qualität zu 70% in die abschließende Bewertung eingehen sollte. Somit verblieben für soziale/funktionale Qualität 25%, für ökologische Qualität lediglich 5%. In einer nachhaltigen Variantenbewertung müsste die Ökonomie eigentlich gleichwertig zur ökologischen und sozialen/funktionalen Qualität bewertet werden. Dadurch bekämen Fragen des Standortes oder der Grauen Energie eine ganz andere Bedeutung. Eine Diskussion darüber, welche Wertungsmatrix für ein Bühnenprojekt dieser Dimension die angemessene ist, hat bisher nicht stattgefunden.
Welcher Aspekt wurde bisher aus Deiner Sicht außerdem zu wenig berücksichtigt?
Der Aspekt des Weiterbauens. Weiterbauen bedeutet weit mehr als Bestandserhalt. Dem Baudenkmal respektvoll und gleichzeitig mutig zu begegnen, Potentiale zu erkennen und daraus mit Geschick individuelle unverwechselbare und eigenständige Lösungen zu entwickeln, bei denen vermeintliche Nachteile zu Qualitäten werden, erfordert mindestens so viel Kompetenz und Kreativität wie jedes Neubauprojekt. Damit kann Frankfurt 2030 innovativer sein als mit einem aus der Zeit gefallenen Neubauspektakel am Stadtrand.
Vielen Dank für Deine Antworten.
Zum Hintergrund:
Der Abriss der Theaterdoppelanlage aus dem Jahr 1963 mit seiner einzigartigen Gestaltung des Wolkenfoyers schien seit dem Stadtratsbeschluss von Januar 2020 entschieden. Doch Teile der Städtischen Bühnen stehen unter Denkmalschutz – und für ein Neubauprojekt gibt es bislang keine Verständigung auf einen Standort.
Organisiert wird die Veranstaltung aus dem Kontext der Initiative Zukunft Städtische Bühnen Frankfurt von mehreren Institutionen: Goethe-Universität Frankfurt, Frankfurt University of Applied Sciences in Kooperation mit Arch+ Verein zur Förderung des Architektur- und Stadtdiskurses und Evangelisches Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach.